Frankreich leicht und fast ohne Stress
Verfasst: 01.06.2005 23:10
[align=center]Frankreich leicht und fast ohne Stress[/align]
(Unterstrichene Wörter sind Hyperlinks: Anklicken und sofort surfen)
Ein spontan organisierter Camping-Urlaub in Frankreich muss im Hochsommer nicht nervig und teuer sein. Die meisten werden vermutlich den ADAC-Campingführer nutzen und schon festgestellt haben, dass die Plätze der Kategorie 2, 1 und die Super-Plätze zur Hochsaison voll waren, wenn man nicht vor Weihnachten reserviert hatte; aber wer will das wirklich?
Wir (zwei Erwachsene und zwei Kinder, 12, 10) vagabundieren im Sommer meist vier Wochen in Frankreich mit unseren Zelten umher, oft ändern wir unser Ziel während der Fahrt. Wir verlassen uns da ganz auf unseren Bauch und den Wetterbericht.
Ich versteh nix, muss ich unter Brücken schlafen? Sprachprobleme
Auf allen großen und vielen mittelgroßen französischen Campingplätzen wird meist Englisch, oft Niederländisch und manchmal Deutsch gesprochen. Ihr seht das auch schon auf den Internetseiten der einzelnen Plätze. Das Personal dort ist fast immer so sprachgewandt, dass ihr mit Deutsch und vielleicht ein paar Brocken Englisch klar kommt.
Auf kleineren Campingplätzen, z. B. den Camping Municipal, kann es schon sein, dass nur Französisch gesprochen wird. Doch die Preistafeln und Hinweisschilder erschließen sich recht schnell. Und auf den kleinen Campings hat man eh mehr Zeit und Ruhe, um auch einem deutschen Camper ein schönes Plätzchen zu vermitteln.
Für den Alltag würde ich mir neben einem kleinen Taschenwörterbuch ein Heftchen wie "Kauderwelsch, Französisch Wort für Wort" (Amazon) , "Französisch für den Urlaub" (Langenscheidt), oder PONS "Sticker-Wortschatz Französisch, Im Urlaub" (7,50) o. ä. kaufen und im Zweifelsfall mir die Redewendungen rausschreiben. Ja, das ist aufwendiger als im Club Med, aber dort bieten sie ja auch Kurse wie "selber atmen" an.
Einkaufen "Drei Wochen nur Raufasertapete (Baguette) und Schnecken"
(dö son gramm dü schombon dö Jork, sil vu plä)
Vor einem Großeinkauf braucht ihr keine Sorge zu haben. In Frankreich hat sich (leider) eine Supermarkt-Kultur entwickelt, deren Hinweisschilder überall hängen: "Supermarche", "Carrefour", "Leclerc", "Mammouth", "Hypermarche" und wie sie alle heißen, liegen mit ihren großen Parkplätzen fast immer vor den Toren der Orte an einem Verkehrsknotenpunkt, also kaum zu verfehlen.
Die Märkte sind meist recht groß und ihr wandert mit eurem Einkaufswagen durch endlose Regale und einem erschlagenden Angebot. Außer Pumpernickel bekommt ihr dort fast alles. Ja, stimmt, die Würste von Tante Käthe, die ihr immer Daheim auf den Grill legt, fehlen. Aber ihr seid schließlich im Ausland und ein wenig Abenteuer solltet ihr euch schon gönnen: "Mensch, die Würste im Kräutermantel sehen doch lecker aus, komm, wir nehmen mal welche zum probieren mit."
Schaut euch auch die X-Meter Weinregale an, oder das Frischfleisch- oder Frischfisch-Angebot. Da lohnt sich vorher auf einen Zettel zu notieren was "200 Gramm gekochten Schinken, bitte" heißt. Und dann mutig mit einem Lächeln nach vorne: "200 grammes du jambon de York, s?il vous plait....". (sprich: dö son gramm dü schombon dö Jork, sil vu plä) ihr werdet sehen, es ist aufregend und schmeckt dann doppelt so gut.
Frankreich soll teuer sein - Ja, aber!
Frankreich gehört nicht zu den Billigheimern. Jetzt hakt es als Ferienland nicht gleich ab. Da ihr als Camper weder in den teuren Hotels sitzt noch jeden Abend ? nur jeden zweiten - ein Drei-Sterne-Menue auf den Campingtisch zaubert, sind die Kosten überschaubar. Nur Eis ist richtig teuer. Wer Kinder hat, sollte deshalb Urlaubstaschengeld für extra Eisportionen einführen, wenn's dann weg ist, ist's weg.
Sommerferien - Alle unterwegs
In den Sommerferien, also wenn die meisten von uns unterwegs sind, macht auch der Franzose Urlaub. Wenn ihr ganz spontan fahrt, wie wir, dann müsst ihr leider meist auf den im Campingführer oder Internet liebevoll ausgesuchten Platz verzichten, denn der ist oft voll. Also seid flexibel und lasst euch auf Plätze im Hinterland ein. Dort hat man eher eine Chance selbst im Hochsommer spontan noch was zu finden. Und nebenbei gesagt, diese Plätze haben oft mehr Charme als die rammelvollen mit Disco bestückten ganz vorne.
ANREISE und ABREISE:
Aus den Norden Deutschlands kommend haben wir einen langen Anfahrtsweg. Wenn wir nicht bewusst unterwegs Station machen und uns was ansehen, dann übernachten (und nur übernachten) wir während der Anfahrt in einem Fomule 1 oder Etap Hotel. Wir sind halt noch mit zwei Zelten unterwegs und da will ich auf der Durchreise nicht aufbauen, vielleicht kann der eine oder andere Falti-Fahrer die Information ja nutzen.
Formule 1 liegt meist nahe der Autobahn und ist sauber und funktional. Das Zimmer kostet für bis zu vier Personen etwa 25 bis 35 Euro, nahe Großstädten teurer. Das gilt für zwei Erwachsene und für bis zu zwei Kinder, sofern die nicht älter als vier oder fünf Jahre sind. Früher war das Alter der Kinder egal, heute achten sie darauf. Lasst euch die Broschüre kommen, sie liegen auch in jedem Hotel aus.
Deshalb nutzen wir jetzt eher die Etap Hotels. Dort kommen wir meist mit unseren Kindern (12, 10) noch (!)in einem Zimmer unter und haben die Toilette mit im Zimmer. Der Komfort ist etwas höher, dafür liegt der Preis für alle pro Nacht zwischen 30-45 Euro. Frühstück gibt auch hier für kleines Geld.
WICHTIG: In der Hochsaison sind die Hotels, auch wenn sie weit abseits liegen, ab 16.00 Uhr meist ausgebucht; auch Werktags, da ist der Parkplatz voll mit teuren Wagen von Geschäftsreisenden. Deshalb greifen wir spätestens ab 15.00 Uhr, wenn wir abschätzen können, wo wir etwa gegen 18.00-24.00 Uhr sind, zum Handy (Telefonzelle tuts auch) und reservieren. Das reduziert den Stress mit den Kindern enorm. Wer abends einmal drei volle Hotels mit enttäuschten Lütten angefahren hat, weiß was ich meine.
CAMPING
Wenn wir in Frankreich unterwegs sind, dann suchen wir uns nach Interesse, Laune und Wetterbericht einen Tag vor Abreise die nächste Ziel-Region aus. Danach suchen wir anhand des Michelin "Guide Camping Caravaning France" (den gibt es auch in Englisch) in Frage kommende CPs aus. Greifen zum Handy und erkundigen uns, ob was frei ist und wie das Wetter ist. Das haben wir sogar schon oft während der Fahrt gemacht, wenn wir z. B. feststellten, dass wir doch lieber an einen Fluss in den Bergen und nicht ans Meer wollten.
Wir sind Genussfahrer, bummeln und kommen deshalb oft spät. Wer kein Handy hat, blaue Telefonkarte kaufen und von jedem öff. Fernsprecher geht das auch prima.
Vor und Nachteile des ADAC-Campingführers:
Wir benutzten bei unserer Platzwahl früher immer den ADAC-Campingführer und stießen bei den dort empfohlenen Plätzen oft auf viele Probleme und nur wenige Vorteile:
1. Die empfohlenen Plätze musste man Monate zuvor reservieren, wollte man einen halbwegs schönen Stellplatz haben.
2. Die Plätze waren und sind aus unserer Sicht teuer.
3. Die Parzellen waren für den geforderten Preis oft erstaunlich klein, man hing recht dicht auf dem Nachbarn.
4. So fanden wir uns hin und wieder zwischen teuren Wohnwagen und Luxusgefährten eingekeilt, deren Besitzer so eine ganz andere Vorstellung von Camping hatten ? Fernseher lief immer, transportable Zäune wurden errichtet, Elektronik piepste ständig und mit deren Kinder hatten wir und unsere Brut im Schnitt eher Probleme.
5. Positiv/Negativ: Die Sanitären Einrichtungen waren zwar immer toll, ein Pluspunkt, aber es gab auch immer Animation, die leider meist laut war.
6. Positiv: In der Nebensaison haben diese Plätze manchmal noch offen und sogar ein beheiztes Schwimmbad, was für die Kinder wichtig ist.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die ADAC-Klassifizierung der Campingplätze hat für die meisten ihren guten Sinn und ich will niemanden vorschreiben, wie er Urlaub zu machen hat. Meine Vorschläge sind schlicht als Alternative zu sehen.
Wir haben auf einem Campingplatz einen ADAC-Tester getroffen und uns lange mit ihm unterhalten. Der Club hat einen sehr ausgefeilten, umfangreichen und standardisierten Fragenkatalog. Formal werden so alle CP gleich beurteilt. Allerdings hat der Fragenkatalog ein, ich nenn es mal Killerkriterium: Die Sanitären Anlagen.
Der Platz kann noch so schön liegen, die beste Aussicht bieten und den schattigsten Baumbestand haben, wenn die Sanitären Anlagen nicht bestimmten deutschen Vorstellungen entsprechen, dann kommt er trotz aller anderen Vorzüge nie und nimmer über eine mittlere Bewertung hinaus.
Dem ADAC-Mann war die Bewertungsproblematik bewusst. Aber nach seiner Aussage schauen die meisten Benutzer des ADAC-Führers zuerst auf den Zustand der Toiletten und Duschen, erst danach kommt alles andere, sehr deutsch.
Warum den Michelin-Führer?
Der Michelin Guide Camping Caravaning hat nach unseren Erfahrungen eine andere Schwerpunktsetzung, die uns eher entgegenkommt.
1. Etwa 3000 Campingplätze sind für Frankreich aufgelistet, deutlich mehr als im ADAC
2. Die Beschreibung durch Symbole ist äußerst umfangreich, es werden sehr viele Infos über Zustand, Lage, Lautstärke, Schatten usw. gegeben.
3. Die Beschreibung ist nach unseren Erfahrungen erstaunlich genau und trifft meist den Kern. Wenn dort eine schöne Aussicht oder ein ruhiger Platz, vor allem nachts, per Symbol angezeigt wird, dann trifft das fast immer zu. Hier muss natürlich jeder selbst prüfen, ob sein Empfinden mit dem der Beschreibung konform geht. Insgesamt ist die Bewertung sehr konsistent.
4. Nachteil, der Text ist sehr knapp, die Information ist in den Symbolen enthalten, das irritiert zunächst, man muss sich einlesen. Wer nur wenig Französisch oder Englisch spricht, kommt dies eher entgegen.
5. Im Michelin sind auch die vielen Camping Municipal gelistet. Meist auf schönem Gemeindegelände liegende Plätze, deren Sanitäreinrichtung einfach aber völlig OK ist. Die Preise liegen deutlich unter den kommerziellen Plätzen. Wenn wir genügend Zeit haben, dann schauen wir uns auf der Fahrt einfach die Plätze direkt an.
Unser Tipp sind die Camping Municipal. Kein Vergleich mehr mit den Municipals vor 20 Jahren. Sie sind heute ordentlich ausgestattet, das Plus ist oft die wunderschöne Lage. So sind wir im Sommer 2003 auf drei Plätzen in den französischen Alpen gewesen, die alle direkt am Fluss oder an Seen lagen. Die Kinder konnten vom Zelt an den Strand und auf keinem haben wir mehr als 17 Euro (komplett) pro Übernachtung ausgegeben. Wenn Interesse an konkreten Beispielen besteht, dann kann ich welche raussuchen. Es gibt jedoch so viele schöne kleine CP, dass wir in den vergangenen 8 Jahren auf vielleicht 40 verschiedenen, aber nie auf dem selben waren.
Noch ein Tipp: Wer unterwegs nur hin und wieder gerne gut Essen geht, dem empfehle ich den roten Michelin-Restaurantführer. Früher dachte ich immer, das sei nur was für reiche Gourmets. Doch neben Unterkünften klassifiziert der Rote die Restaurants noch mit ein, zwei oder drei Gabeln, preislich deutlich unterhalb der Sterne-Etablissements. Ich bin nur einmal enttäuscht worden, da hatten wir aber gleich ein komisches Gefühl, hätten besser drauf gehört. In den einer und zweier Restaurants habe ich für angemessenes Geld immer prima gegessen. Sie waren um Welten besser als die Touri-Tempel, lagen aber oft versteckt und ohne den Roten hätte ich sie kaum gefunden.
Lust auf weitere Reiseberichte zum schmökern, schauen und inspirieren lassen?
- Spanien: "Andalusien: Jerez - Conil - Ronda" / Frühjahr 2009
- Frankreich: "Tal d des Lot - Pyrenäen - Baskenland" / Sommer 2008
- Spanien: "Erste Impressionen aus Gomera" - NUR Bilder / Mai 2008
- Deutschland: "Impressionen aus Mecklenburg-Vorpommern" / Mai 2008
- Dänemark – "Ringköbing-Fjord (Jütland)" / März 2008
- Frankreich: "Paris - Paris" - April 2008 - Dieser Streifzug über Paris basiert auf zwei Herbsturlauben
- Frankreich: "Unsere Herbst-Tour 2007 durch die Alpen, Cote d’Azur, Avignon, Burgund und Paris" / Herbst 2007
- Frankreich: "Unsere Tour de France 2007 - Haute-Provence, Languedoc und Baskenland" / Sommer 2007
- Niederlande: "Bilder von der Niederlande-Tour" - NUR Bilder / April 2007
- Frankreich: "Herbstreise 2006: Biarritz, Pyrenäen, Carcassonne, Mittelmeer, Brücke von Millau, Paris" - Herbst 2006
- Frankreich: "Auvergne – Limousin – Poitiers – Bretagne - Normandie" / Sommer 2006
- Frankreich: "Dordogne - Perigord (Noir) - Südwest-Frankreich" / Sommer 2005
- Spanien: "Andalusien: Jerez - Chipiona - Cadiz - Conil" / Frühjahr 2005
- Frankreich: "Das Bassin von Arcachon und die Düne von Pyla - ein zweiter Blick" / Sommer 2005
- Frankreich: "Cote d'Azur - eine späte Liebe" / im Jahr 2005 zusammengefasst
- Frankreich: "Bretagne-Rundreise" - Übersichtsartikel aus 2005
- Frankreich: "Frankreich leicht und fast ohne Stress" - Einführung für Frankreichneulinge, 2005 geschrieben, gilt aber heute noch.